Web.de und seine Bugs ...
Web.de, die sich selbst gern als Testsieger unter den Webmail-Providern rezitieren, sind alles andere als Testsieger nach dem, was ich festgestellt habe:
- Mails, die Vormittags vom Web.de Interface verschickt wurden, kamen Abends um 19:00 an, beim empfangenden Server war keine Störung und auch der Mailheader sagt aus, dass die Mail erst um 19:00 abgeschickt wurde. Was hat Web.de in der Zeit damit gemacht? Hier der gesamte (anonymisiete) Mailheader der um 11:39:22 gesendeten Mail:
Return-Path: <bjoern.nospam@web.de>
Received: from mailgate5.cinetic.de (mailgate5.cinetic.de [217.72.192.165])
by lisa.goe.net (8.12.6/8.12.6) with ESMTP id gBNJ3add016346
for <nospam@j3e.de>; Mon, 23 Dec 2002 20:03:36 +0100
Received: from web.de (fmomail02.dlan.cinetic.de [172.20.1.46])
by mailgate5.cinetic.de (8.11.2/8.11.2/SuSE Linux 8.11.0-0.4) with SMTP id gBNIMRR24879
for nospam@j3e.de; Mon, 23 Dec 2002 19:22:27 +0100
Date: Mon, 23 Dec 2002 19:22:27 +0100
- Eine Mail der mutt mailingliste, die ich auf einen Web.de account gebounced habe, kam dort nie an, andere Mails, die ich gebounced habe kamen aber sehr wohl an. Man könnte meinen, es lag daran, dass die Mail S/MIME signiert war, aber nein, auch andere Mails, die S/MIME signiert waren kamen an. Mail zum nachtesten findet man hier. Nach exakt 4 Tagen kamen die gebouncten Mails übrigens wieder zu mir zurückgebounced mit folgendem Hinweis:
Diese Nachricht wurde von der Mail-Software automatisch erzeugt.
This message was created automatically by mail delivery software.
Eine Nachricht von Ihnen konnte nicht an alle Empfaenger zugestellt werden.
A message that you sent could not be delivered to all of its recipients.
Folgende Adressen schlugen fehl:
The following address(es) failed:
bjoern.nospam@web.de
transport todb: transport todb(ORA-01401: Eingef\374gter Wert zu gro\337 f\374r Spalte
Datenbank: oramail): Exception tpd_todb in catch
: retry timeout exceeded
Es hat den Anschein, als würde bei Web.de mit deren Oracle-Server und den um ihn gebauten Scripten einiges nicht so ganz stimmen.
- bei Benutzung des Web-Interface und nach mehr als einem "Reply" auf eine Mail darf man sich bei web.de über eine wachsende Liste von Re: Re: Re: freuen
- wie die meisten Webmail Provider gibt Web.de sein Webinterface nicht in UTF-8 aus, sodass alle exotischen Zeichen (auch das Eurozeichen: €) nicht korrekt übertragen werden. Liebe web.de-Mitarbeiter: Die Übertragung von Form-Daten vom Browser zum Server findet immer in der Codierung der Seite selbst statt, aber das wisst ihr sicher selbst, oder?
- alle nicht-ASCII-Zeichen in Mailheadern müssen speziell codiert werden und dürfen nicht als 8-Bit-Zeichen geschrieben werden. From-Zeilen, die nicht-ASCII-Zeichen enthalten werden bei Web.de falsch kodiert, Subject-Zeilen bekommen scheibar zumindest bei iso-8859-1 -Zeichen die richtige Kodierung mit auf den Weg.
Es ist nett, dass Web.de ein Trustcenter unterhält und den Nutzern die Möglichkeit bietet verschlüsselte und signierte Mail zu benutzen. Erstellt man sich aber heute einen Account (Dez. 2002), so werden wohl aus Kostengründen die daten nicht mehr auf dem Postweg geprüft, somit kann sich jeder einen beliebigen Account mit beliebigem Namen erzeugen, was dazu führt, dass das CA-Zertifikat der Web.de CA keinen Pfifferling wert ist.
- Kürzlich erzeugte Accounts haben bei signiert verschicken Mails eine ungültige Signatur. Ein Account von Anfang des Jahres hat hingegen nach wie vor eine gültige Signatur. Nachtrag: Nach einigen Tagen/Wochen werden die Signaturen dann doch als gültig gekennzeichnet.
- Relativ unbekannt ist, dass web.de auch einen IMAP-Zugang für alle Kunden anbietet (Server imap.web.de). Insbesondere, da wed.de seit 2003 nurnoch alle 15 Minuten eine POP3-Verbindung zulässt sollte man sich überlegen, wenn nicht IMAP richtig zu benutzen, so dann doch IMAP zum "poppen" zu verwenden. Die IMAP-Implementierung von Web.de bringt übrigens wieder einige Unannehmlichkeiten mit sich: Mails, deren Subject mit Text in Klammern anfangen z.B. (fwd), bei denen wird das Subject erst ab dem Text nach der Klammer übertragen. Zudem werden Mails mit einer (nach Auffassung von web.de) ungültigen S/MIME-Signatur gänzlich ohne Signatur an den IMAP-Client übertragen. Lediglich Signierte Mails, wo auch Web.de der Meinung ist, dass die Signatur korrekt ist, werden samt Signatur an den Client geschickt. Eine solche Art der Bevormundung ist wohl nicht im Sinne des Erfinders. Noch ein Manko des Web.de IMAP-Server ist, dass die Standard-IMAP-Funktion SEARCH nicht implementiert zu sein scheint.
- Am 2003-07-02 bekamen alle web.de-Kunden eine web.de-Werbemail (Werbemails nennt man auf Neudeutsch bekanntlich Spam) in ihre Mailbox, die den tollen neuen Spamschutz von web.de anpreist und folgende Passage enthält:
Freuen Sie sich also künftig auf E-Mail-Vergnügen
und ungestörte Kommunikation - mit dem zum Patent
angemeldeten Drei-Wege Spam-Schutz von WEB.DE und dem neuen
Premium Spam-Schutz im WEB.DE Club
Hiermit hat sich dieser Provider endgültig selbst disqualifiziert und ich möchte an dieser Stelle nichts weiter dazu sagen, sondern nur noch nach http://petition.eurolinux.org/ verweisen. Ich wünschte ich hätte diese Mail vor dem Linuxtag gelesen, wo Web.de präsent war und sogar einen Vortrag gemacht hat. Die Erklärung für diese Patentanmeldung hätte mich schon sehr interessiert.
- Oben genannter Spammschutz ist bei naeherem Betrachten sehr nervig, man kann ihn, wenn er eingeschaltet ist nur Mails unbekannter Herkunft in einen separaten Ordner verschieben lassen, ein "einfacher" Spamfilter existiert nicht. Aktiviert man nun diesen Spamfilter temporaer und hat Mails im "Unbekannt"-Ordner und will diesen nervenden (und auch im Webinterface explizit als "zum Patent angemeldet" markierten - sie scheinen echt stolz darauf zu sein) Spamschutz wieder deaktivieren, so verschwinden alle Mails aus dem "Unbekannt"-Ordner im Datennirvana. Nicht der erste Fall, wo Web.de mit den Daten seiner User sehr fahrlässig umgeht, wie wir sehen.
- Die Web.de-Mailserver lehnen eingehende Mails bisweilen mit einem
550 Protocol violation
nach DATA
ab. Es ist offensichtlich nicht 550 Unknown local part
, das ist die Meldung für nicht existierende Konten. Was das aber zu bedeuten hat, weiß nur Web.de selbst - oder auch nicht. Viele Leute haben sichdarüber schon den Kopf erfolglos zerbrochen.
Fazit
Wer einen zuverlässigen Mailprovider sucht, sollte von Web.de die Finger lassen. Auch zusätzliche Dienste, wie SMS, die Web.de viele Pluspunkte in Tests gebracht haben sind inzwischen kostenpflichtig und man kann vermuten, dass diese ebenso unzuverlässig sind wie die von mir gemachten Mail-Tests. Der Punkt Patente auf Spam-Blocking allein ist abgesehen von den technischen Missständen schon Grund genug Web.de zu meiden.
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Bjoern Jacke
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